Prepaid-Panne in den KVG-Bussen
Moderne Technik, ratloses Personal: Fahrgast kritisiert Stader KVG

- Busse der KVG am Stader Bahnhof. Viele Busfahrer sollen mit der Prepaidkarte des HVV nicht zurechtkommen. Das Motto "Aufladen und losfahren" wird damit zur Farce
- Foto: HVV/jab
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"Aufladen und losfahren": Mit diesem Slogan wirbt der HVV für seine "Prepaid Card". Während in Hamburger Bussen ausschließlich mit dieser Plastikkarte bezahlt werden kann, ist die „HVV Prepaid Card“ im Landkreis Stade lediglich eine weitere Zahlungsmöglichkeit neben Bargeld. Das sollte auch besser so bleiben, meint ein verärgerter Fahrgast aus Stade. Seine Erfahrungen mit der Karte fasst er mit dem bitteren Fazit zusammen: „Aufladen und frustriert sein.“
Nach den Angaben des Staders - weil er anonym bleiben möchte, nennen wir ihn Herrn B. - war das KVG-Buspersonal bisher nur ein einziges Mal in der Lage, ihm nach Vorlage der Prepaidkarte einen elektronischen Fahrschein, ein sogenanntes "eTicket", auszustellen. Statt wie erhofft ganz bequem bargeldlos zahlen zu können, musste sich B. mit ratlosen Busfahrern, Notlösungen in Form von Bargeld und einem Service herumschlagen, der ihn letztlich nach Hamburg zwingt, um sich sein Guthaben wieder auszahlen zu lassen.
Nur eine Busfahrerin wusste, wie es geht
Wie B. schildert, scheitert der Einsatz der Prepaidkarte nicht an der Technik, sondern vielmehr an den Busfahrern. "Keine Ahnung, wie das geht": Diesen oder einen ähnlichen Spruch musste sich der Stader bisher regelmäßig anhören, wenn er dem Fahrer im KVG-Bus die Prepaidkarte vorlegte. Nur eine "einzige Busfahrerin mittleren Alters", berichtet B., habe bisher gewusst, wie die Karte funktioniert – die übrigen Fahrer seien reihenweise gescheitert. Für den gefrusteten Fahrgast bleibt so nur die Option, das Portmonee zu zücken und den Fahrpreis bar zu bezahlen. Schließlich möchte er nicht als Schwarzfahrer gelten.
Schwache Reaktion des Kundenservice
Fast genauso ärgerlich wie das Prepaidkarten-Desaster in den Bussen ist die Antwort der KVG auf die Beschwerde des Staders: "Aktuell stehen wir in engem Austausch mit unserem Hersteller, um die Funktionalität der Prepaidkarten-Systeme sowie die Schulung unserer Fahrerinnen und Fahrer weiter zu verbessern", schreibt eine Mitarbeiterin des "Kundendialogs" bei der KVG. Man werde "verstärkte Maßnahmen zur Weiterbildung" ergreifen, bedauere die "Unannehmlichkeiten" und bitte um Verständnis. Die typischen Standardfloskeln einer Beschwerdestelle eben, die verhinderten Prepaidkarten-Nutzern nicht weiterhelfen. Er hätte eine konkrete Reaktion erwartet - wie etwa eine Mitteilung, dass umgehend entsprechende Schulungen erfolgen. Schließlich ist das Einlesen einer Guthabenkarte keine Raketenwissenschaft.
Kunde will sich Guthaben auszahlen lassen
"Ich erwarte, dass diese Zahlungsmöglichkeit in Zukunft problemlos funktioniert", betont B. Für ihn als Gelegenheitsfahrer sei die Prepaidkarte eigentlich ideal - anonym, sicher und eine gute Alternative für alle, die kein HVV-Abo oder Deutschlandticket benötigen. Doch aktuell bleibt ihm nach den Erfahrungen mit der KVG nur, sich das Kartenguthaben wieder auszahlen lassen: "Was nützt mir die 'Prepaid Card', wenn ich jedes Mal im Bus wieder die Münzen herauskramen muss." Um sein Geld zurückzubekommen, muss er sich allerdings auf den Weg nach Hamburg machen. Das Zurückbuchen von Guthaben kann nur direkt bei den HVV-Servicestellen erfolgen. Denn im Landkreis Stade gibt es keine solche Servicestelle. "Nicht gerade ein vorbildlicher Service", meint B.
KVG räumt ein, dass es Beschwerden gibt
Dass B. mit seinen Erlebnissen kein Einzelfall ist, bestätigt auch die KVG. Auf WOCHENBLATT-Nachfrage räumt Pressesprecher Oliver Blau ein, dass "aktuell mehrere Beschwerden bezüglich der Unkenntnis des Fahrpersonals eingegangen sind". Man habe deshalb noch einmal alle Fahrer auf den korrekten Umgang mit der Prepaidkarte hingewiesen. Blau bittet um Verständnis: "Leider ist es wohl so, dass die Erstschulung aufgrund der anfangs sehr geringen Verbreitung der Karte in Vergessenheit geraten war." Zudem hätten neue Mitarbeiter in „Einzelfällen“ keine ausführliche Schulung erhalten. "Wir werden das Thema künftig im Auge behalten und gezielte Nachschulungen vornehmen", so der KVG-Sprecher.
Für den frustrierten Fahrgast B. kommt diese Einsicht zu spät. Für ihn ist der Bus in Sachen "Prepaid Card" vorerst abgefahren. Er wird künftig wieder sein abgezähltes Geld bereithalten, wenn er in einen Linienbus der KVG einsteigt.
KOMMENTAR
Es bleibt zu hoffen, dass das Thema bei der KVG tatsächlich ernst genommen wird. Denn bisher ist die "Prepaid Card" beim Stader Busunternehmen eher ein Symbol des Frustes statt des Fortschritts. Was bringt eine moderne Zahlungsmöglichkeit, wenn das Personal nicht in der Lage ist, sie korrekt zu nutzen? Die Verantwortlichen bei der KVG sollten dabei auch die anstehende Neu-Ausschreibung des ÖPNV im Landkreis Stade im Blick behalten. Wenn bereits grundlegende Dinge wie der Ticketkauf per Prepaidkarte nicht reibungslos funktionieren, stellt sich unweigerlich die Frage, ob die KVG tatsächlich der geeignete Betreiber für die Zukunft ist.
Schließlich verlangt die Ausschreibung des Landkreises eine "umfassende Dienstleistungs- und Kundenorientierung" sowie "hinreichende Kenntnisse zum Fahrplan und Tarif". Kann die KVG solche Anforderungen überhaupt erfüllen, wenn schon jetzt einfache Standards wie die Prepaidkarte nicht funktionieren? Die KVG wäre gut beraten, wenn sie so schnell wie möglich sicherstellt, dass ihre Mitarbeiter ein simples Bezahlterminal bedienen können. Ansonsten müsste ernsthaft daran gezweifelt werden, ob die KVG die komplexeren Anforderungen der Ausschreibung erfüllen kann.
Jörg Dammann
Redakteur:Jörg Dammann aus Stade |
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Meine Tochter ist mit HVV Karte genauso betroffen. Genauso wie es dort beschrieben ist geht es uns auch.