Ministerpräsident fordert Industriestrompreis
Stephan Weil ist in großer Sorge um den Chemiestandort Stade

Ist es ein hoffnungsvoller oder ein besorgter Blick in die Zukunft? Ministerpräsident Stephan Weil besuchte in dieser Woche Stade, um sich über die Situation der dortigen Chemieindustrie zu informieren. Außerdem schaute er sich vom Schiff aus die Baustelle des LNG-Terminals (im Hintergrund) an | Foto: MOHSSEN_ASSANIMOGHADDAM
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Das Thema Energie stand am Mittwoch beim Besuch von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in Stade im Mittelpunkt. Im Rahmen seiner Sommerreise informierte er sich auf einer Baustelle des Stromkonzerns Tennet über den Netzausbau, er sprach bei der Dow über die hohen Strompreise, die den energieintensiven Unternehmen erheblich zu schaffen machen, und er besichtigte das in Bau befindliche Terminal für verflüssigte Gase. Das Terminal soll künftig als Drehscheibe für erneuerbare Energien ein wichtiger Meilenstein auf Niedersachsens Weg zur Klimaneutralität sein. Bevor es so weit ist, muss aber erst einmal die Existenz der Chemiebetriebe vor Ort gesichert werden. Das soll über einen staatlich subventionierten Strompreis geschehen. Weil hat dazu bereits einen Vorschlag gemacht: ein auf sieben Cent je Kilowattstunde gedeckelter Industriestrompreis. So sollen Standortnachteile bei Branchen wie der Chemieindustrie ausgeglichen werden, die im internationalen Wettbewerb stehen.

Stephan Weils heimlicher Besuch in Stade

Netzausbau für mehr Windstrom

Auf der Tennet-Baustelle nahe des Umspannwerkes Dollern verfolgte Weil, wie ein neuer Leitungsmast errichtet wird. Der Mast ist Bestandteil der Stromleitung von Stade nach Landesbergen (Kreis Nienburg/Weser), deren Kapazität von 220 auf 380 Kilovolt erhöht wird. Dadurch wird die Übertragungsmenge für Strom aus Windenergie deutlich aufgestockt. Der Ausbau der Leitung trägt dazu bei, den Netzentwicklungsplan umzusetzen und die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Die Inbetriebnahme ist für das Jahr 2026 vorgesehen. Die Leitung beginnt im neuen Umspannwerk Stade-West, das sich auf dem Dow-Gelände befindet. Der Stromanschluss wird dem Unternehmen in Zukunft dazu dienen, grüne Energie zu beziehen, um so klimaneutral zu produzieren.

Auf der Tennet-Baustelle übergibt Stephan Weil (Mitte) den  Planfeststellungsbeschlüsse an Tennet-Vorstand Tim Meyerjürgens (re.) | Foto: Dirk Kurz
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Im Gepäck hatte der Ministerpräsident den Planfeststellungsbeschluss zum Bau des sechsten Abschnitts der Stromleitung, den er auf der Baustelle dem Leiter des operativen Geschäfts bei Tennet, Tim Meyerjürgens, überreichte. "Als Energieland Nr.1 macht Niedersachsen Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien und bei den Übertragungskapazitäten", erklärte Weil bei der Übergabe des Bescheids. Sowohl die Genehmigungsbehörden als auch Tennet hätten "einen beachtlichen Zwischensprint hingelegt", um den schnellen Netzausbau zu realisieren. Das sollte auch für künftige Verfahren vorbildlich sein.

Pfiffe für Stephan Weil in Buxtehude

Chemiebetriebe dürfen nicht abwandern

Die Dow bezeichnete Weil als ein "hoch innovatives, energieintensives Unternehmen, das ein kluges Konzept entwickelt hat, um in einigen Jahren klimaneutral zu produzieren". Im Moment aber habe Dow wegen der hohen Energiepreise Schwierigkeiten, zu einigermaßen wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren. Eine Produktionsdrosselung oder gar Abwanderung von Dow oder anderen Unternehmen im Industriegebiet Bützfleth müsse unbedingt verhindert werden. Es gehe um viele Arbeitsplätze, so der Ministerpräsident.

Bei der Dow lässt sich Weil Hintergründe zum Produktionsablauf erläutern. Für ihn ist die Chemieproduktion ein Kernbestandteil der deutschen Industrie | Foto: MOHSSEN_ASSANIMOGHADDAM
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Außerdem seien die vor Ort produzierten chemischen Grundstoffe eine wichtige Grundlage für die Wertschöpfungsketten der deutschen Wirtschaft. Wer sollte denn die Lücke schließen, wenn Dow die Produktion aufgibt, fragte Weil, um selbst gleich die Antwort zu geben: "In vielen Fällen werden dies chinesische Unternehmen sein." Man dürfe sich gerade bei chemischen Grundstoffen nicht in neue Abhängigkeiten von Ländern wie China begeben. Der Ministerpräsident verlieh seiner Forderung nach einem bezahlbaren Strompreis für energieintensive Unternehmen Nachdruck: Man könne doch nicht einfach zuschauen, wenn ein Kernbestandteil der deutschen Industrie auf diese Weise in Existenznot gerate.

Stade als Tor für Energie-Importe

"Niedersachsen soll nicht nur Energieland Nr. 1, sondern auch das Tor für Energie-Importe in die ganze Bundesrepublik werden", betonte Weil auf der letzten Station seines Stade-Besuchs, der Baustelle des LNG-Terminals. Deutschland werde auch in Zukunft immer mehr Energie benötigen, als es selbst produzieren kann. "Deshalb brauchen wir Energieimporte - perspektivisch nur noch aus erneuerbaren Quellen." Diese Importe sollen größtenteils über niedersächsische Häfen ins Land kommen. Vom Bautempo beim Stader Hafen zeigte Weil sich angetan: "Ich bin beeindruckt, was hier an der Elbe in bemerkenswerter Geschwindigkeit entsteht."

Begrüßung durch den Landrat

Landrat Kai Seefried begrüßte den Ministerpräsidenten am Mittwoch zusammen mit den hiesigen Landtagsabgeordneten im Landkreis Stade. Er freute sich über Weils Stippvisite in der Region: "Hier bei uns im Landkreis Stade wird die Energiewende für Norddeutschland aktiv gestaltet", betont der Landrat. "Die wichtige Stromtrasse zwischen Stade und Landesbergen, an der erfreulicherweise mit Hochdruck gearbeitet wird, ist dafür ein gutes Beispiel." Ein eindrucksvolles Vorbild für eine schnelle Realisierung eines Infrastrukturprojektes sei der Anleger für verflüssigte Gase im Stader Seehafen, stellt Seefried heraus: "Damit werden wir zum internationalen Energiedrehkreuz nicht nur für LNG. Wir machen uns im Landkreis Stade fit für Wasserstoff, Grüne Gase und weitere Zukunftstechnologien."

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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