Rallycross-Fieber in Buxtehude
2 Freunde starten Traum auf dem Estering

Marco Sandleben (li.) und Sandy Wilhelm beim Testrennen auf dem Estering | Foto: Ich&Er
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Wenn der erste Schotter fliegt, die Motoren aufheulen und der Geruch von Gummi und Adrenalin in der Luft liegt, dann spürt man: Rallycross ist mehr als ein Sport. Es ist ein Lebensgefühl. Für Marco Sandleben (31) aus Apensen und Sandy Wilhelm (34) aus Buxtehude geht in diesem Jahr ein Kindheitstraum in Erfüllung – auf dem legendären Estering in Buxtehude starten sie in ihre allererste Saison im Rallycross. Und das unter dem Motto: "It’s a dream."

Marco und Sandy, seit ihrer Kindheit unzertrennlich, wuchsen mit dem Sound röhrender Motoren auf. Mar­cos Vater, seit mehr als 40 Jahren Mitglied im Automobil Club Niederelbe (ACN), nahm seinen Sohn regelmäßig mit zum Estering. Auch Sandy stand bei den Rennen mit seinem Vater und leuchtenden Augen an der Strecke – damals noch als Zuschauer. "Die Fahrer waren für uns Idole, wir wären gerne an ihrer Stelle gewesen", erinnert sich Sandy.

Zunächst ging es für die beiden Jungen jedoch nicht auf die Rennstrecke, sondern auf den Fußballplatz.  Motorsport war ein ferner Traum, für den sie damals noch zu jung waren. "Auf dem Estering konnte man sich als Kind nicht einbringen, beim Fußballspielen schon", sagt Sandleben. Doch 2013, mit den Rallycross-Weltmeisterschaften in Buxtehude, war das Feuer zurück. Die beiden engagierten sich zunächst als Helfer, dann als Start-Marschalls. Marco Sandleben wurde als Kommentar der Rennen sogar zur Stimme des Esterings.

Doch schließlich reichte das Zuschauen nicht mehr. Marco wollte selbst ins Cockpit. Im vergangenen Jahr stieg er in den Peugeot 205 GTI von Knoff Motorsport, holte sich eine Tageslizenz und startete bei einem Testrennen in den Niederlanden. Eine Fahrt reichte – und er war mit dem Rallycross-Virus infiziert. "Der Moment, wenn du aus der ersten Kurve rausbeschleunigst, der Mix aus Schotter und Asphalt, die Hitze, der Sound – das ist pure Magie."

Sein erstes echtes Rennen auf dem Estering folgte im Oktober 2024 - in dem gemieteten Peugeot 205 GTI . Ein besonderer Moment: "Sandy hat mich damals auf die Strecke geschickt." Kurz darauf saß auch Sandy Wilhelm selbst am Steuer – sein Fazit nach dem Testrennen im November: "Wie geil ist das denn?!"

Die große Chance zum Einstieg in den Motorsport kam, als ihnen die Beckdorfer Rallycross-Fahrer Sven Jonas und sein Sohn Mats ihren Citroën C2 VTS für die Einsteigerklasse anboten. Bevor die beiden Freunde zugriffen, gingen sie noch einmal in sich. "Motorsport kostet Zeit und Geld", sagt Sandy. Also hieß es erst mal: Familienrat. "Unsere Partnerinnen mussten hinter uns stehen. Ohne Rückhalt zu Hause geht es nicht."

Mit dem Segen der Familie im Gepäck schlugen sie zu. Nicht nur das Auto gehörte ihnen, sondern sie bekamen auch noch einen Platz in der Halle des Jonas-Teams. Werkzeug, Tipps, Erfahrung – alles inklusive. "Die beiden helfen uns, wo sie können. Das ist unbezahlbar", sagt Marco dankbar.

Dass es einer Herausforderung sein kann, ein Auto zu zweit zu fahren, ist den beiden Freunden bewusst. "Wenn einer crasht, ist das Rennen für beide gelaufen", erklärt Marco. "Aber das wissen wir – und stehen füreinander ein."

Trainingseinheiten sind rar und kostbar. Gefahren wird, wenn offizielle Testtage stattfinden – auch in Valkenswaard in den Niederlanden oder in Maasmechelen in Belgien. "Da hole ich an einem Tag locker 35 Runden raus", sagt Marco. Zwischen den Einsätzen heißt es: schrauben, prüfen, vorbereiten. Dämpfer, Getriebe, Antriebswellen – alles wird kontrolliert. Ersatzteile liegen bereit, vieles doppelt.

Ende März ging es zu einem letzten Testfahren auf dem Estering, am 12.und 13. April steht mit dem Lauf 1 und 2 zur Deutschen Rallycross Meisterschaft das erste offizielle Rennen auf dem Estering an. Die Vorfreude der beiden ist riesig. Denn dieser Saisonstart ist mehr als nur ein Rennen. Es ist der Auftakt zu einem Abenteuer, das vor Jahren im Kinderzimmer mit dem Traum vom Rallycross begann.