Integration als Sackgasse
Unentwegt Ärger mit der Ausländerbehörde
Seit mehreren Jahren helfen Jürgen Meyer aus Tostedt und Jens Puller aus Buxtehude jeweils einem Flüchtling bzw. einer Flüchtlingsfamilie im Umgang mit der Ausländerbehörde. Die beiden kennen einander nicht und haben für ihre ehrenamtliche Hilfe nie Aufmerksamkeit verlangt. Doch als sie den WOCHENBLATT-Artikel "Voll integriert ist nicht genug" lesen, melden sie sich. Das Schicksal der im Artikel beschriebenen Iranerin, die wegen mangelnder Ausweisdokumente nach vier Jahren in Deutschland nicht als Flüchtling anerkannt wird und deshalb in Gefahr gerät, Job und Ausbildung zu verlieren, kennen sie nur zu genau.
"Man nimmt der Ausländerbehörde Arbeit ohne Ende ab und hat dann trotzdem nur Ärger", sagt Jürgen Meyer frustriert. Der pensionierte Lehrer setzt sich schon seit Jahren für einen Iraner ein, der vor rund sieben Jahren nach Deutschland kam und nach einer ersten abgebrochenen Ausbildung nun eine Lehre macht. "Natürlich klappt nicht immer alles sofort, aber er will arbeiten und sich integrieren - er ist sogar schon mehrfach als Musiker in der Kirchengemeinde aufgetreten! Und dennoch muss er sich alle drei Monate um eine Duldung bemühen, weil er keine Ausweisdokumente hat." Für Meyer ist das ein Unding: "Die Ausländerbehörde begreift nicht, dass im Hintergrund eine Vielzahl von Menschenleben stehen, ganze Familien, die von diesen Urteilen abhängig sind."
Ausweisdokumente bleiben bei Behörden
Auch Jens Puller aus Buxtehude ist das Behörden-Pingpong leid. Die Flüchtlingsfamilie, die er als ehrenamtlicher Leiter eines Sprachkurses kennengelernt hat, habe auch nach sechs Jahren immer noch nicht ihre Ausweise zurückbekommen. "Die wurden ihnen damals abgenommen, als sie am Bahnhof in Hannover aufgegriffen wurden", sagt Puller. "Im Gegenzug haben sie eine Quittung erhalten. Doch wo sich ihre Ausweisdokumente nun befinden, wissen wir nicht." Schritt für Schritt hat Puller die Stationen der Flüchtlingsfamilie in Deutschland zurückverfolgt: In Hannover angekommen, für eine Nacht nach Braunschweig geschickt, dann mit dem Bus nach Lüneburg, wo die Schwangere ihr erstes Kind gebar, dann nach rund sieben Monaten nach Nordenham abgeschoben und inzwischen im Landkreis Stade angekommen. Das macht eine Rückverfolgung der Papiere schwierig. "Überall habe ich angerufen und nachgefragt, wo wir an die Ausweisdokumente kommen können", sagt Puller. "Inzwischen befürchte ich, dass sie verloren gegangen sind."
Puller hat inzwischen herausgefunden, dass es eine kostenlose Beratungshilfe in Sachen Ausländerrecht für Menschen mit geringem Einkommen gibt. Und auch Meyer hat einen Tipp: Im Rahmen des neuen Aufenthaltsgesetzes können Flüchtlinge eine Ausnahmegenehmigung beantragen, durch die sie ein Jahr lang ohne Ausweis weiterarbeiten dürfen, sofern sie sich in diesem Jahr einen Pass besorgen.
• Eine WOCHENBLATT-Anfrage an die Ausländerbehörde ist noch offen.
Redakteur:Svenja Adamski aus Buchholz |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.