Rezept für die Zukunft
Wie sich kleine Bäckereien behaupten

Es gibt immer weniger kleine Bäckereien  | Foto: AdobeStock/JenkoAtaman
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  • Es gibt immer weniger kleine Bäckereien
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Frisches Brot, direkt vom Bäcker – ein Genuss, den viele Menschen nicht missen möchten. Doch während große Ketten expandieren, kämpfen kleine Bäckereien ums Überleben. In den vergangenen zehn Jahren mussten rund 30 Prozent der Betriebe im Bäckerhandwerk schließen. Das zeigt der kürzlich veröffentlichte Bäckerei-Monitor der Gewerkschaft NGG, eine umfassende Branchenanalyse. Gleichzeitig gingen rund 20.000 Arbeitsplätze verloren. Doch woran liegt das? Das WOCHENBLATT hat bei Bäckern aus den Landkreisen Stade und Harburg nachgefragt, wie es um die Branche steht und welche Wege gegangen werden müssen, um weiter mithalten zu können.
Wie in vielen Branchen belastet der Fachkräftemangel die Bäckerhandwerksbetriebe. Das liegt laut NGG zum einen an einer verhältnismäßig niedrigen Bezahlung im Verhältnis zur hohen Arbeitsbelastung. Zeitdruck und Stress sowie Mehrbelastung durch zu wenige Mitarbeiter und körperliche Belastung gehen damit einher. Zum anderen liegt es an der Nachtarbeit, einem für Arbeitnehmer eher unattraktiven Arbeitszeitmodell.

Bäckermeister Sascha Schäfer ist  Inhaber der "Backsau" in Buxtehude | Foto: wd
  • Bäckermeister Sascha Schäfer ist Inhaber der "Backsau" in Buxtehude
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Bäckereien müssen sich anpassen

Sascha Schäfer von der "Backsau" in Buxtehude ist einer, der es anders macht: Der Bäckermeister und Brot-Sommelier machte sich 2021 mit seinem Brotfachgeschäft selbstständig und eröffnete erst Anfang dieses Jahres eine weitere Filiale der "Backsau". Für ihn ist einer der Gründe, warum es immer weniger Bäckereihandwerksbetriebe gibt, dass viele sich vor Veränderung verschließen. "Viele Bäckereien gehen nicht mit der Zeit", erklärt Schäfer. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, seien die Traditionsbäckereien in der Pflicht, sich anzupassen - und auch, sich als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren. Für die "Backsau" bedeutet das: faire Löhne und ein familienfreundlicher Arbeitsrhythmus. Statt mitten in der Nacht beginnt der Arbeitstag hier erst gegen 5.30 Uhr. Öffnungszeiten beginnen ab 12 Uhr bzw. samstags ab 9 Uhr. Ein Modell, mit dem nicht nur Sascha Schäfer für sich gut fährt, sondern das auch sein Team überzeugt - Work-Life-Balance ist hier das Stichwort. Für die meisten seiner Kunden seien die Öffnungszeiten kein Problem. Die Zufriedenheit des Teams wirke sich eben auch auf den Verkauf und die Qualität der Ware aus. "Man muss seinen Mitarbeitern heutzutage auch etwas bieten und nicht nur nehmen", sagt Schäfer. In seinen 30 Jahren im Bäckerhandwerk habe er als Angestellter oft schlechte Erfahrungen gemacht. In der Branche seien viele Arbeitnehmer ausgebeutet worden - sechsmal in der Woche Zwölf-Stunden-Tage bei schlechter Bezahlung seien da keine Ausnahme gewesen.

 Philipp Janzen und Anna von Bergen betreiben die Backstube Janzen in Jesteburg | Foto: pm
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Kleinere Sortimente: Qualität statt Masse 

Auch Bäckermeister Philipp Janzen, der seit 2021 gemeinsam mit Lebensgefährtin Anna von Bergen die Backstube Janzen in Jesteburg führt, weiß, dass viele kleine Betriebe mittlerweile nicht mehr "mithalten" können. Sie selbst setzen daher auf gutes Handwerk. "Als wir den Laden übernommen haben, haben wir unser Sortiment erstmal gestrafft und auf ein Ein-Schicht-System umgestellt", erklärt der 34-Jährige. Dafür konzentriere sich das fünfköpfige Team auf gute Qualität, direkt vor Ort gebacken. "Das wissen unsere Stammkunden zu schätzen", so Anna von Bergen. Für diese seien die kürzen Öffnungszeiten sowie Ruhetage am Montag und Dienstag zugunsten der Work-Life-Balance, zu Beginn zwar eine Umstellung gewesen, doch die Kunden haben auch Verständnis, wenn sie erfahren, dass es sich um einen kleinen Handwerksbetrieb handelt.
Die Zukunft der kleinen Bäckereien liegt auch für Sascha Schäfer in der Nische: Qualität vor Quantität. "Es ist schwierig, hundertprozentige Qualität bei einem extrem breiten Sortiment anzubieten. Ich denke, zukünftig müssen kleine Betriebe sich wieder spezialisieren."

Neue Wege gehen

Neben der Spezialisierung ist Philipp Janzen Transparenz sehr wichtig. "Wir haben nichts zu verheimlichen", sagt er mit einem Augenzwinkern. Deshalb soll in der Backstube Janzen eine einsehbare Backstube entstehen, sodass die Kunden beim Backprozess zuschauen können. Ein Alleinstellungsmerkmal, das seinen Betrieb vor allem von den Ketten abheben und ein Augenmerk auf das Handwerk legen soll.
Auch für Sascha Schäfer ist es wichtig, Neues auszuprobieren. Neben kreativen Brotsorten legt der Bäckermeister Wert darauf, sich und seine Mitarbeiter stetig fortzubilden. "So ein Investment zahlt sich am Ende immer aus", sagt er. Auch neuen Technologien will sich Schäfer nicht verschließen. Neben seiner Internetpräsenz und einem angemessenen Social-Media-Auftritt nutzt er die Hilfe von KI-Programmen, etwa beim Erstellen des wöchentlichen Brotplans.

Bei der "Backsau" fokussiert sich alles auf das Brot, das ist das Hauptgeschäft und die gelieferte Qualität wissen die Kunden zu schätzen. Natürlich könne sich nicht jeder täglich ein Brot für fünf Euro leisten. Doch bei den Discounterpreisen mitzuhalten, sei gar nicht das Ziel, da müsse man sich nichts vormachen. Wie sich die Preissituation nochmal ändert, wenn 2026 ein Mindestlohn von 15 Euro eingeführt würde, sei natürlich eine neue Herausforderung für kleine Betriebe. "Reich wird man da nicht", scherzt Schäfer. Viel wichtiger sei ihm, dass die Arbeit wieder Spaß macht und am Ende alle zufrieden sind: Kunden und Mitarbeiter. 

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Ein Ruf, der vorauseilt

Die Zahl der Auszubildenden hat sich in der Branche seit 2014 halbiert – nur noch 8.500 junge Menschen lernen das Bäckerhandwerk. Ein Grund: Die harten Arbeitsbedingungen und unattraktiven Arbeitszeiten. Der Ruf schreckt ab. Doch es gibt auch Hoffnung. Trotz des Schrumpfens der Branche interessieren sich wieder mehr junge Menschen für das Bäckerhandwerk. 2024 gab es ein deutliches Plus von 11,4 Prozent mehr Azubis. Rund ein Viertel davon stammen aus dem Ausland. Einige Betriebe setzen mittlerweile sogar gezielt auf die Rekrutierung von Auszubildenden aus Südostasien oder Nordafrika.

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