TV Meckelfeld sucht Trainer
Sportvereinen gehen die Trainer aus

Das Ehrenamt im Sport kann glücklich machen: Jugendobmann Walter Plambeck (li.) und 2. Vorsitzender 
Mike Krüger vom TV Meckelfeld auf dem Fußballplatz | Foto: ts
  • Das Ehrenamt im Sport kann glücklich machen: Jugendobmann Walter Plambeck (li.) und 2. Vorsitzender
    Mike Krüger vom TV Meckelfeld auf dem Fußballplatz
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Der TV Meckelfeld sucht vier Jugend-Fußballtrainer. Das ist kein Einzelfall: Immer weniger Menschen engagieren sich im Ehrenamt bei Sportvereinen - dabei kann es glücklich machen

(ts). Den Sportvereinen in den Landkreisen Harburg und Stade gehen die Ehrenamtlichen aus. Immer weniger Menschen sind für Tätigkeiten als Trainer, Übungsleiter, Schiedsrichter oder im Vorstand zu begeistern. Wie sehr das Fundament der Sportvereine bröckelt, macht der Fall des TV Meckelfeld (Landkreis Harburg) deutlich. Vor Beginn der neuen Saison sucht der Fußball-Landesligist vier Fußballtrainer für mehrere Jugendmannschaften. Zusätzlich fehlen dem Turnverein Trainer für das Mädchen-Leistungsturnen und ein Trainer für das erste Damen-Handballteam.
Zwar arbeitet laut der vom Bundesbildungsministerium geförderten Studie "Ziviz-Survey" nahezu jeder zweite Bundesbürger in einem Ehrenamt. In den Sportvereinen allerdings geht das Engagement zurück: Nur 32 Prozent der 133.000 Sportvereine in Deutschland haben wachsende Mitgliederzahlen. Wie dem TV Meckelfeld geht es also vielen Sportclubs in Deutschland.
Aus mehreren Gründen steckt das Ehrenamt im Sport in der Krise: Typische Ehrenamtskarrieren, bei denen Eltern ihre Engagements an ihre Kinder vererbt haben, sind heute seltener. Viele Menschen engagieren sich heute lieber zeitlich befristet in Projekten, ungern aber über mehrere Jahre bei regelmäßigen wöchentlichen Treffen.
16-Jährige stehen nicht mehr um 16 Uhr als Übungsleiter auf dem Fußballfeld, weil sie bis in den Nachmittag hinein die Schule besuchen.
Den wesentlichen Grund sieht der 2. Vorsitzende des TV Meckelfeld, Mike Krüger, in dem Wandel der Arbeitsgesellschaft: "Väter und Mütter arbeiten heute mehr, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können", sagt er. Sie hätten keine Zeit fürs Ehrenamt oder seien zu erschöpft. 
Dramatisch klingt der Aufruf des TV Meckelfeld (Landkreis Harburg). 100 Jahre wird der Turnverein in zwei Jahren alt. Immer hat der Fußball dazugehört. Damit das so bleibt, sucht der Club, dessen erste Herrenmannschaft in der Landesliga spielt, dringend vier Fußballtrainer für verschiedene Jugendmannschaften. Der Appell richtet sich an Eltern, Großeltern, Onkel, Freunde und Bekannte mit und ohne Trainerlizenz.
"Früher haben Väter ihre Kinder ab der F-Jugend begleitet und sind später als Trainer eingestiegen", sagt TV-Jugendobmann Walter Plambeck. Diese Zeiten seien vorbei. Heute sieht der 52-Jährige die Mütter und Väter nur selten. Meist ließen sie ihre Kinder vor dem Sportplatz aus dem Auto steigen und führen wieder davon. "Eltern ziehen sich raus aus dem Engagement bei den Vereinen", bedauert Walter Plambeck.
Der 2. Vorsitzende Mike Krüger weiß warum: "Wir leben in einer leistungsorientierten Gesellschaft. Viele stellen den Beruf über alles. Mütter und Väter arbeiten deutlich mehr als die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit, weil sie Existenzängste haben", erklärt der 39-Jährige die Krise des Ehrenamts im Sport mit dem Wandel der Arbeitsgesellschaft.
Geld verdient niemand mit dem Ehrenamt im Sportverein. Übungsleiter mit der C-Lizenz des Deutschen Olympischen Sportbunds erhalten zehn Euro Aufwandsentschädigung pro Stunde. Die Lizenz erwerben die Lehrgangsteilnehmer in einem Zeitraum von drei bis vier Wochen, jeweils an zwei Abenden pro Woche. "Wer die Lizenz erwerben möchte, hat ein Anrecht auf Bildungsurlaub. Viele wissen das nicht", sagt Mike Krüger.
Übungsleiter ohne Lizenz entschädigt der TV Meckelfeld mit 6,50 Euro pro Stunde. Entschädigt werden die Trainingszeiten, nicht die Trainingsvorbereitung zu Hause oder die Zeit mit den Kindern am Wochenende. Ein zweites Einkommen bringt der Ehrenamt als Jugendtrainer also nicht.
"Man kann das Ehrenamt nicht bezahlen. Man muss es mögen", sagt Mike Krüger. Der 39-Jährige ist selbstständiger Tischler, kommt mit einer 40-Stunden-Arbeitswoche nicht aus. Trotzdem trainiert er Kinder, Jugendliche und Erwachsene insgesamt zehn Stunden in der Woche in Karate - sechs Stunden beim TV Meckelfeld und vier Stunden bei Blau-Weiss Buchholz. Von der Aufwandsentschädigung bezahlt er das Spritgeld - und Eis, das er seinen jungen Schützlingen ausgibt.
Was das Ehrenamt ihm gebe, sei unbezahlbar: "Ich spüre, wie die Kinder sich freuen, dass ich für sie da bin. Ich spüre auch die Wertschätzung der Eltern", sagt Mike Krüger.
Jugendobmann Walter Plambeck hilft manchmal spontan aus, wenn ein Schiedsrichter fehlt, weil er in der Nähe des Fußballplatzes wohnt. "Mich hat immer motiviert, dass ich Spaß am Fußball habe", sagt er.
Stephan Griebel, Vorsitzender des SV Ottensen im Landkreis Stade, freut sich zwar, bislang alle Trainerposten besetzt zu haben, weiß aber, dass das immer schwieriger wird: "Wir müssen manchmal Überzeugungsarbeit leisten", sagt er.
Auch er sieht in den Veränderungen in der Arbeitswelt einen Hauptgrund für die Probleme beim ehrenamtlichen Engagement. "Wer in Hamburg arbeitet, kann kaum um 17 Uhr auf dem Fußballplatz sein, weil dort die E-Jugend wartet", sagt Griebel. Anders sei auch das Verhalten bei Arbeitgebern geworden. Den Spruch: "Dann fahr' mal los, die Lütten warten, machst morgen länger" höre kaum noch ein Arbeitnehmer.
Auf der anderen Seite, das dürfe nicht unter den Tisch fallen, sei das Engagement mancher Ehrenamtlicher enorm. Für die Fußballschule von Real Madrid, die gerade in Ottensen zu Gast war, hatten vier Leute extra eine Woche Urlaub genommen.

Wer Macht mit beim TV Meckelfeld?
(ts). Der TV Meckelfeld sucht zur Unterstützung seines Fußball-Trainerteams Jugendtrainer für die Bambinis (vier bis sechs Jahre), U9, U11 und U16. Eine Trainerlizenz sei wünschenswert, aber nicht Voraussetzung, betonen die Verantwortlichen. Gefragt sei die Begabung, Spaß im Sport, Technik und dass die Kandidaten Respekt gegenüber Mit- und Gegenspielern vermitteln können.
Wer Interesse hat, meldet sich bei Walter Plambeck, Telefon 0178-5273209.
Zudem sucht die Turnabteilung Übungsleiter für das Mädchen-Leistungsturnen (fünf bis 15 Jahren). Kontakt über TVM-Geschäftsstelle unter der Telefonnummer 040-768 49 25.

Redakteur:

Thomas Sulzyc aus Seevetal

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