Auf den Spuren einer alten Dame
Was eine junge Staderin mit Ostpreußen verbindet
Kinder finden Museen oft langweilig. Damit ein Besuch des Stader Patenschaftsmuseums "Goldap in Ostpreußen" auch für jüngere Besucher spannend ist, gibt es dort ein spielerisches Angebot. Unter dem Titel "Auf den Spuren von Ewald, dem Elch" werden Schulkinder mit der Geschichte des ehemaligen Ostpreußen vertraut gemacht, das heute zwischen Polen und Russland aufgeteilt ist. Die Idee dazu stammt von Lena Hammann. Die Lehrerin hat eine ganz besondere Verbindung zu diesem Thema – und hat dazu auch ein Buch veröffentlicht, das bereits ausgezeichnet worden ist.
Für das Museum hat die Grundschullehrerin eine kindgerechte Rallye entwickelt. Außerdem hat sie Mal- und Bastelprogramme kreiert. Die 28-jährige Staderin, die an der Grundschule in Mulsum unterrichtet, kam im Alter von 17 Jahren zum ersten Mal ins Museum. Damals recherchierte sie als Schülerin für eine Facharbeit.
Doch schon einige Jahre früher stand Hammann in Kontakt mit einer älteren Dame aus Ostpreußen. Mit 13 Jahren begann sie, der 80 Jahre älteren Toni Kerstan (1914 – 2017) für ein kleines Taschengeld in einem Altenheim vorzulesen. Mit den Jahren entstand eine enge Verbindung zwischen den beiden Frauen. Kerstan vertraute der jungen Staderin ihre Lebensgeschichte an. Diese schrieb sie nieder. Daraus entstand ein Buch, dessen Manuskript Kerstan zu ihrem 103. Geburtstag erhielt. Kurz darauf verstarb sie.
Hammann begab sich auf Kerstans Spuren, reiste durch Ostpreußen – zu den Orten, wo diese vor dem Zweiten Weltkrieg lebte. Inzwischen ist das Buch über Kerstans Lebensgeschichte als gebundene Ausgabe erschienen. Hammann berichtet über Kerstans Kindheit und Jugend in Ostpreußen, über die Flucht 1944 in den Westen und den Neuanfang in der neuen Heimat Stade.
Wenn Hammann von ihren Begegnungen mit der alten Dame aus Ostpreußen erzählt – von den Gesprächen oder auch von den Spaziergängen –, ist sie sichtlich bewegt. Schnell kullern die ersten Tränen. In ihrer Schulzeit war Kerstan für die junge Staderin neben ihrer Familie die wichtigste und engste Bezugsperson. "Eigentlich wollte ich das Buch gar nicht veröffentlichen", sagt sie. "Es war nur für Toni. Ich wollte ihr ein Geschenk machen. Etwas, das bleibt." Es seien Kerstans Worte, die sie niedergeschrieben habe. Doch inzwischen ist die Lehrerin für Englisch und Religion froh, dass auch andere Menschen an den berührenden Geschichten teilhaben können – zum Beispiel bei Lesungen im Patenschaftsmuseum.
Für ihr Buch erhielt Hammann den Nachwuchspreis des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur. Der Preis, der von der Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler ausgelobt worden ist, richtet sich an junge Niedersachsen, die sich mit der Geschichte der Heimatvertriebenen beispielhaft auseinandersetzen.
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