Prozess vor dem Schöffengericht Buxtehude
Kussversuch endet mit einer Messerattacke
Ein Mann (33) aus Syrien, der mit seiner Frau in Buxtehude lebt, hatte nach einem Streit einen anderen Mann mit einem Messer in die Seite gestochen. Gefährliche Körperverletzung wurde ihm vorgeworfen. Er wurde vom Schöffengericht in Buxtehude zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung, verurteilt. Das Gericht war überzeugt, dass dieser Ausraster eine einmalige Ausnahme bleiben wird, die Verbüßung der Haftstrafe daher nicht notwendig sei.
Der Buxtehuder war ausgerastet, weil der Ex-Arbeitgeber seiner Frau versucht hatte, diese zu küssen. Nachdem er davon erfahren hatte, fuhr er in den Frisörladen des späteren Opfers und es begann sofort eine Prügelei. Schließlich griff der Angeklagte zu einem Messer, das in der Küche herumlag, und stach damit einmal auf seinen Kontrahenten ein. Die Verletzung war nicht lebensbedrohlich.
Angeklagter legte Geständnis ab
Vor Gericht räumte der Angeklagte die Tat vom April 2022 ein. "Es tut meinem Mandaten unendlich leid. Er wollte den anderen definitiv nicht umbringen", sagte sein Verteidiger Lorenz Hünnemeyer.
Zudem erklärte der Strafverteidiger, dass es zwischen den beiden Männern unter Vermittlung des Vaters des Angeklagten bereits zu einer Klärung samt gegenseitiger Entschuldigung gekommen sei - sowohl für den Kussversuch als auch den Messerangriff. Was natürlich, so Strafverteidiger, Vorsitzender Richter und Staatsanwaltschaft, nichts an der Strafbarkeit der Messerattacke ändere.
Dass es nach Ansicht des Opfers (33) eines Strafprozesses nicht unbedingt bedurft hätte, wurde bei seiner Aussage deutlich. Die wich nämlich von seinen Aussagen bei der Polizei ab. Etwa bei der Frage, ob er selbst geschlagen oder sich nicht gewehrt habe.
Aufgrund des Geständnisses des Angeklagten vor Gericht war eine Klärung von Detailfragen für die Urteilsfindung nicht mehr notwendig.
Die Staatsanwaltschaft forderte in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, sowie eine Geldstrafe von 1.000 Euro. Strafverteidiger Lorenz Hünnemeyer plädierte auf eine Haftstrafe von unter einem Jahr.
Der Streit hätte tödlich enden können
Das Gericht folgte der Staatsanwaltschaft, verzichtete aber auf die Geldstrafe und setzte auf 200 Stunden Arbeitseinsatz. Richter Aping machte in seiner Urteilsbegründung deutlich, dass die Messerattacke auch ganz anders - nämlich tödlich - hätte enden können. Für den Angeklagten, Vater von zwei Kindern, spreche sein Geständnis, das stabile soziale Umfeld und sein fester Wille, in Deutschland Fuß zu fassen. Zurzeit besucht der gelernte Frisör Deutschkurse und will anschließend eine Ausbildung machen. "Hier will ich Sie nie wieder sehen und ich denke, das wird auch nicht passieren." Mit diesen Worten ging der Prozess zu Ende.
Die Sorge von Lorenz Hünnemeyer, dass eine Haftstrafe von mehr als einem Jahr ausländerrechtliche Probleme bis hin zur Abschiebung für seinen Mandanten mit sich bringen könnte, scheint nicht zuzutreffen. Eine WOCHENBLATT-Nachfrage beim Flüchtlingsrat Niedersachsen ergibt: Die ehemals strengen Gesetze seien im Rahmen von EU-Reformen verändert worden. Dass nach einer Haftstrafe von mehr als einem Jahr die Abschiebung drohe, sei nicht mehr der Fall. Jetzt müsse jeder Einzelfall individuell betrachtet und geprüft werden.
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