Harsefelder Schauspielerin im Interview
Lara-Maria Wichels: Es braucht Haltung und Mut
Lara-Maria Wichels hat es geschafft – zumindest könnte man das meinen. Schon als kleines Mädchen träumte die Harsefelderin davon, auf der Bühne zu stehen und Schauspielerin zu werden. Ihre ersten Schritte machte sie im Theater und 2014 bekam sie ihre erste feste TV-Rolle: als Nathalie Greve in der beliebten Telenovela "Rote Rosen" (das WOCHENBLATT berichtete). Heute begeistert sie das Publikum auf der Bühne des Ohnsorg-Theaters auf heimatlichem Plattdeutsch.
Aber so rosig, wie es von außen oft scheint, ist die Kultur- und Medienbranche nicht immer. Die 32-jährige hat in ihrer Karriere nicht nur die schönen Seiten des Geschäfts kennengelernt, sondern auch die Schattenseiten gesehen – vor allem in puncto Gleichberechtigung und Sexismus. Da muss noch viel passieren. Doch sie will diese Veränderungen nicht dem Zufall überlassen. Neben ihrer Arbeit als Schauspielerin engagiert sie sich mit großer Leidenschaft für Gleichberechtigung und faire Chancen für alle.
Am 8. November wird sie als Conny Brahmann in „Barfoot in’n Park – Verliebt, verlobt, verkracht“, einer Produktion vom Ohnsorg-Theater, auf der Halepaghen-Bühne in Buxtehude stehen. Und egal, ob auf der Bühne oder hinter den Kulissen – Lara-Maria bleibt ihrer Leidenschaft treu: Theater spielen und sich für eine gerechtere Welt einsetzen. Mit dem WOCHENBLATT spricht sie über ihr Engagement gegen Sexismus, über Herzensprojekte und ihre Heimat.
WOCHENBLATT: Wo stehst du heute, fünf Jahre nach dem letzten Wochenblatt-Interview, beruflich?
Lara-Maria Wichels: Die letzten fünf Jahre waren beruflich unglaublich bereichernd für mich. Nach wie vor stehe ich mit großer Freude häufig auf der Bühne des Ohnsorg-Theaters. Ich durfte in einigen schönen Stücken spielen in den letzten Jahren. Auch sehr schön war zuletzt die Matinee zum 80. Geburtstag von Heidi Mahler, die ich gemeinsam mit einem Kollegen moderieren durfte. Neben dem Theater hatte ich auch die Möglichkeit, weitere Rollen im Fernsehen zu übernehmen, was eine spannende Abwechslung zur Arbeit auf der Bühne darstellt.
WOCHENBLATT:Du bist auch aktivistisch engagiert. Was tut sich da zurzeit?
Wichels: Auch in meinem aktivistischen Engagement hat sich viel getan. Ich bin im Vorstand der feministischen Protestorganisation Pinkstinks aktiv und setze mich hier für Gleichberechtigung und gegen Sexismus ein. Darüber hinaus habe ich gemeinsam mit drei anderen ein queerfeministisches Kollektiv für Kunstschaffende gegründet, die GlittorisGang. Mit diesem Kollektiv können wir durch kreative Projekte Menschen aufklären und auf Missstände aufmerksam machen.
WOCHENBLATT:Wie erlebst du das Thema Sexismus in der Kultur- und Medienbranche?
Wichels: Sexismus ist auch in der Kultur- und Medienbranche noch ein Thema. Persönlich habe ich sowohl positive als auch herausfordernde Erfahrungen gemacht. Auf der einen Seite gibt es immer mehr Bestrebungen, Diversität und Gleichberechtigung zu fördern – vor und hinter der Kamera, und das ist eine super schöne und wichtige Entwicklung. Auf der anderen Seite sehen wir aber auch teilweise, wie verwurzelt manche Rollenbilder immer noch sind.
WOCHENBLATT:Hast du da ein Beispiel?
Wichels: Besonders Frauen, nicht-binäre und queere Menschen haben oft das Gefühl, sich in einem System behaupten zu müssen, das vor allem in Bezug auf die Besetzung von Rollen, aber auch in den Entscheidungsprozessen hinter den Kulissen, Ungleichheiten aufrechterhält.
In der Schauspielbranche begegnen wir oft stereotypen Rollenbildern, die nicht die Vielfalt und Tiefe widerspiegeln, die wir in unserer Gesellschaft tatsächlich haben. Hier sehe ich noch viel Raum für Veränderung. Gleichzeitig ist es wichtig, auch hinter der Kamera eine diversere Repräsentation zu schaffen – sei es bei Regie, Drehbuch, Produktion oder Casting.
WOCHENBLATT:Wie gehst du persönlich diese Themen an?
Wichels: Die Arbeit bei Pinkstinks gibt mir die Möglichkeit, genau diese Themen anzusprechen und Veränderungen anzustoßen. Durch kreative und aktivistische Projekte versuche ich, Menschen für diese Missstände zu sensibilisieren und Bewusstsein zu schaffen. Ich sehe auch, dass viele Menschen in der Branche das Thema sehr ernst nehmen und Veränderung wollen – das macht große Hoffnung. Doch es braucht weiterhin eine klare Haltung und den Mut, bestehende Strukturen infrage zu stellen.
WOCHENBLATT:Kannst du klar trennen zwischen deinen eigenen Themen und den Rollen, die du spielst?
Wichels: Ich finde, es lässt sich nicht vollständig trennen, denn mein Aktivismus und meine persönlichen Überzeugungen sind ein Teil von mir, und die fließen auch immer automatisch etwas in meine Arbeit als Schauspielerin ein. Das bedeutet aber nicht, dass ich ausschließlich aktivistische Botschaften in jede Rolle packe. Schauspiel ist auch die Kunst, sich in ganz andere Welten und Sichtweisen hineinzubegeben und diese zu verkörpern.
WOCHENBLATT:Wie setzt du das in die Praxis um?
Wichels: Natürlich kann ich mir nicht jede Rolle aussuchen und oft sind die Rollen ja bereits festgeschrieben, aber ich sehe es als meine Aufgabe, diesen Charakteren etwas mehr Tiefe oder Komplexität zu verleihen – gerade wenn es darum geht, Klischees oder eindimensionale Darstellungen zu vermeiden, sofern es Möglichkeiten dafür gibt und es auch den Auffassungen der Regie entspricht.
WOCHENBLATT: In „Barfoot in’n Park – Verliebt, verlobt, verkracht“ spielst du Conny Brahmann. Was hat dich besonders an der Rolle der Conny gereizt?
Wichels: An der Rolle der Conny Brahmann reizt mich besonders, dass sie in einer aufregenden Lebensphase steht. Frisch verheiratet und in ihrer ersten eigenen Wohnung beginnt für sie das Leben so richtig, und es ist spannend, diese Aufbruchstimmung zu verkörpern. Conny ist voller Optimismus und Energie, und sie möchte sich von kleineren Rückschlägen, die an jeder Ecke auf sie warten, nicht entmutigen lassen. Doch die Herausforderungen kommen schnell: Brüche in der Beziehung, ein verrückter Nachbar, der durch ihr Schlafzimmer in seine eigene Wohnung klettern muss, und dann auch noch der spontane Überraschungsbesuch ihrer Mutter. All das sorgt für reichlich Zündstoff und Konflikte, die sowohl lustig als auch ernst sind.
WOCHENBLATT:Gibt es etwas, das dich an ihrem Charakter fasziniert?
Wichels: Was ich besonders an Conny schätze, ist, dass sie sich in solchen Momenten nicht unterbuttern lässt. Sie steht zu ihrer Meinung, nimmt das Heft des Handels in die Hand und hat auch die Stärke Fehler einzugestehen und sich zu entschuldigen. Diese Kraft und Entschlossenheit machen sie zu einer sehr lebendigen und sympathischen Figur, die in all dem Chaos ihren eigenen Weg sucht. Es ist für mich eine Freude, diese Facette zu spielen und die verschiedenen emotionalen Nuancen von Conny zum Leben zu erwecken.
WOCHENBLATT:Wie ist es für dich mit dem Stück in die Nähe deiner Heimat zurückzukommen?
Wichels: Es ist für mich sehr emotional und einfach wunderschön, mit diesem Stück nach Buxtehude zurückzukommen. Ich habe als kleines Kind, mit gerade einmal sechs Jahren, schon auf dieser Bühne gestanden. Dass ich heute als Schauspielerin mit dem tollen Ohnsorg-Theater wieder hierherkomme, ist etwas, das ich mir damals nie hätte ausmalen können. Es ist ein bisschen wie eine Zeitreise – der Geruch, die Wege, alles ist noch so vertraut, und das macht mich schon ein wenig melancholisch.
WOCHENBLATT:Dann hat die Halepaghen-Bühne auch eine besondere Bedeutung für dich?
Wichels: Diese Bühne hat einen besonderen Platz in meinem Herzen, weil hier meine ersten Bühnenerfahrungen stattfanden und alles begann. Es ist also ein sehr besonderer Moment für mich wieder hier in meine Heimat zurückzukommen. Im Publikum sitzen dann dazu auch noch einige Leute aus Buxtehude die ich kenn und auf die ich mich sehr freue.
WOCHENBLATT:Wie sehen denn deine Pläne für die Zukunft aus?
Wichels: Grundsätzlich mache ich eigentlich keine großen, konkreten Zukunftspläne. Ich bin einfach wirklich dankbar, dass ich diesen Beruf ausüben kann und freue mich über alle Möglichkeiten auf der Bühne oder vor der Kamera zu stehen. Ich wünsche mir weiterhin Freude an allen Projekten haben zu können und dabei gesund zu bleiben.
Manchmal stehe ich gerade auf der Bühne, die Leute lachen und haben Spaß und ich denke in dem Moment: „Wow, es ist schon wunderschön, dass das hier wirklich mein Beruf ist!“. Natürlich habe ich wie in jedem anderen Job Stress, anstrengende Tage und schwierige Situationen, aber ich könnte mir trotzdem nichts Schöneres vorstellen.
WOCHENBLATT:Arbeitest du zurzeit noch an weiteren Projekten?
Wichels: Ganz aktuell habe ich mit meinem Mann zusammen angefangen, unser schon länger geplantes Herzensprojekt „Lara Lost in Space“ zu drehen, wo wir ganz alleine lustige oder nachdenkliche Sketche schreiben und drehen, die in einem Raumschiff spielen. Das Set haben wir mit Menschen aus unserem tollen Freundeskreis letztes Jahr selber gebaut und es macht gerade sehr viel Spaß sich hier kreativ ausleben zu können. Die Filme sind bei mir auf Instagram zu sehen.
Redakteur:Pauline Bellmann aus Buxtehude |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.