Was Leseratten in Leihbüchern zurücklassen
Von vergessenen Lesezeichen
Was Bücherfans so alles als Lesezeichen benutzen, weiß niemand besser als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliotheken. Von Postkarten und selbstgemalten Kinderbildern über Kassenbons und Taschentücher: Laura Milsmann von der Stadtbibliothek Stade hat schon alles gesehen. Sogar ein Pflaster habe sie schon zwischen den Seiten eines Buches gefunden. "Alles was man irgendwie als Lesezeichen nutzen kann, wird vergessen", sagt Laura Milsmann. Neben einem bunten Lesezeichen aus Kork findet sich auch eine Salzburger Wanderkarte, ein Foto zweier Mädchen und ein portugiesisches Glüchwunschkärtchen, das von "Gil und Claudia" unterzeichnet ist, in der Fund-Schublade. Die besonderen Dinge, von denen ausgegangen wird, dass sie jemand vermissen könnte, werden aufbewahrt. "Taschentücher und stinknormale Papplesezeichen können wir natürlich nicht jedes Mal aufbewahren", erklärt Laura Milsmann.
In der Stadtbücherei Buchholz werden vor allem selbstgemachte Lesezeichen in der Fundbox aufbewahrt. Nach denen würden sich die Leser auch erkundigen und seien dankbar, sie wiederzubekommen.
Das bestätigt auch Ines Neudahl von der Stadtbibliothek Buxtehude: "Wir vermerken den Fund im Konto des letzten Ausleihers oder versuchen, ihn zu kontaktieren. Eine Zeit lang bewahren wir die Gegenstände auf, wenn sich dann niemand meldet, kommen die Sachen aber weg." Auch sie hat schon die kuriosesten Dinge in zurückgegebenen Büchern gefunden. Eins davon war ein 100-Schilling-Schein. Das war jedoch vor der Einführung des Euros. Besonders schmunzeln muss sie, wenn ihr beim Öffnen und Kontrollieren der Bücher Sand entgegenrieselt. "Dann weiß ich, dass die Leute das Buch mit in den Urlaub genommen haben."
Ein Büchereibuch auf langer Reise
Mit in den Urlaub genommen wurde vergangenen Sommer auch ein Jugendbuch aus der Bücherei im Rathaus Neu Wulmstorf, wie Büchereileiter Ludger Menke berichtete. Die Ausleiherin hatte sich eine gute Lektüre mit in den Schweden-Urlaub genommen und diese unter ihrem Bett im Ferienhaus liegengelassen. Doch sie hatte Glück im Unglück: Das Buch fand nämlich ausgerechnet eine deutsche Urlauberin aus dem Allgäu, die sich prompt online auf die Suche nach der Bücherei machte und Kontakt aufnahm. Die Finderin schickte das Buch per Post zurück nach Neu Wulmstorf. Ihre einzige Bedingung war, dass sie das Buch noch ein paar Tage länger behalten würde, denn sie habe angefangen, darin zu lesen, und es so spannend gefunden, dass sie es gerne zu Ende lesen wollte. "Solche Wege kann also ein Büchereibuch zurücklegen: von Neu Wulmstorf über Schweden bis in das Allgäu und dann wieder zurück nach Neu Wulmstorf", fasst Ludger Menke passend zusammen. Und er kann von noch mehr skurrilen Fundstücken berichten. So fand er in der Rückgabebox der Bücherei schon Kinderhandschuhe, ein schwedisches Pixi-Buch, das nicht aus der Bücherei stammt, ein Spielzeugauto, eine Liste mit Harry-Potter-Zaubersprüchen und sogar Wahlunterlagen.
Dass die Leserinnen und Leser ihre zu Lesezeichen umfunktionierten Gegenstände bisweilen in den ausgeliehenen Büchern zurücklassen, ist für keine der kontaktierten Bibliotheken und Büchereien ein Problem. Im Endeffekt werden aus den vergessenen Schätzen lustige, skurrile oder einfach nur charmante Anekdoten aus dem Leben eines Bibliotheksmitarbeiters.
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