Selbstversuch Lebensmittelverschwendung
Was landet in meiner Biotonne?
Jährlich landen in Deutschland etwa elf Millionen Tonnen Lebensmittel in der Tonne. Davon entstehen 59 Prozent, also 6,5 Tonnen Bioabfall, in privaten Haushalten. Pro Kopf und Jahr sind das etwa 78 Kilogramm Lebensmittel (darin enthalten sind allerdings auch Obstschalen, Knochen etc.). Vor einigen Wochen habe ich, WOCHENBLATT-Volontärin Pauline Meyer, mich im Zuge der bundesweiten Aktionswoche von "Zu gut für die Tonne" der Herausforderung gestellt, zu beobachten, wie viele und welche Lebensmittel ich im Alltag verschwende.
Ich halte mich eigentlich für relativ streng, was das Entsorgen von Lebensmitteln angeht, schließlich hat mir mein Vater seit meiner Kindheit ein umfangreiches Umweltbewusstsein mit auf den Weg gegeben. Ich weiß aber auch, dass ich gerne mal angebrochene oder offene Lebensmittel vergesse. Das Thema Mindesthaltbarkeitsdatum spielte bei mir noch nie eine große Rolle. Ich weiß, dass das angegebene Datum lediglich eine Richtlinie ist, ich verlasse mich demnach lieber auf Sicht- und Geruchstest.
Die ersten Tage meines Experiments starten gut, zwar wollte ich mein Wegwerf-Verhalten nicht verändern, sondern mich lediglich selbst beobachten, doch beim Einkaufen, Kochen und Essen ist das Thema stets präsent: So verschwende ich wirklich wenig Lebensmittel. Der Selbstversuch wird allerdings schnell von meiner Corona-Erkrankung ausgebremst. Auch während dieser Zeit landet kaum etwas im Müll - zugegeben: Ich esse auch nicht sonderlich viel, denn ich bekomme nicht viel runter. Nachdem ich wieder gesund geworden bin, kehren auch Appetit und Alltag zurück. Das Experiment kann also weitergehen.
Etwas, das ich schnell feststelle ist, dass ich nur Lebensmittel wegwerfe, die schlechtgeworden sind. Das passiert meistens dann, wenn ich den Überblick verliere. Eine aufgeschnittene Avocado, für zwei Tage im Kühlschrank vergessen, oder den empfindlichen Gemüseaufstrich nicht schnell genug aufgebraucht. Das ärgert mich, schließlich möchte ich kein Essen verschwenden. Besonders unerfreulich ist der Rest Reis, den ich von der Arbeit mit nach Hause genommen habe, um ihn nicht wegschmeißen zu müssen, sondern um ihn dann später zuhause essen zu können. Leider landet die Tupperdose samt Reis in den Tiefen meines Kühlschranks. Damit ist er aus dem Auge, aus dem Sinn. Erst beim Durchforsten des Kühlschranks, eine Woche später, fällt er mir wieder ins Auge. Wie ein zu Reis gewordenes schlechtes Gewissen wirft er mir mit seiner bloßen, mittlerweile schimmeligen Existenz Lebensmittelverschwendung vor.
Eine Gruppe von Lebensmitteln, die in meinem Haushalt immer wieder in der Biotonne landet, sind Backwaren. Meine Augen sind meist größer als mein Magen. Ich esse zwar härter gewordenes Brot noch, schließlich hab ich ja gesunde Zähne. Doch hat das Brot bereits den Härtegrad eines Metallhammers erlangt, muss es weg. Früher haben wir altes Brot gesammelt und zu befreundeten Pferdebesitzern gebracht. Heute kenne ich leider niemanden mehr, der etwas mit dem harten Brot anfangen kann. Stattdessen landet es auf dem Kompost oder in der Biotonne. Zum Wegwerfen prädestiniert ist zudem abgepackter Brokkoli. Vergisst man den auszupacken, verschimmelt er innerhalb von zwei Tagen. Das ist mir schon so oft passiert, sodass ich mittlerweile auf tiefgefrorenen Brokkoli umgestiegen bin.
Am Ende meines Selbstexperiments bin ich zur Erkenntnis gekommen, dass ich schon auf einem guten Weg bin, aber noch achtsamer sein könnte. Besonders das Thema vergessene Lebensmittel möchte ich angehen. Zukünftig will ich mehr darauf achten, den Überblick zu behalten, was ich wann geöffnet habe bzw. was wann verbraucht werden muss. Dafür werde ich versuchen, weniger, aber dafür öfter, einkaufen zu gehen und offene bzw. angefangene Lebensmittel besser sichtbar in meinen Kühlschrank zu platzieren. Im Großen und Ganzen war das Experiment ein toller Weg, über meinen eigenen Lebensmittelverbrauch nachzudenken. In Zeiten, in denen Klimakrise und Wegwerfgesellschaft aufeinandertreffen, ist dies sicherlich ein Projekt, das jeder in seinen Alltag integrieren sollte.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.