ACN-Vorsitzender Jan André Lemme
Rallycross mit Sprit aus der Steckdose
tk. Buxtehude. Stell dir vor, es ist Rallycross auf dem Estering und du hörst nichts. Vielleicht noch die Lautsprecherdurchsagen und den Jubel der Motorsportfans. Das wird vermutlich die Rallycross-Zukunft sein, ist Jan André Lemme, Vorsitzender des ACN (Automobilclub Niederelbe) überzeugt. Die PS-Boliden fahren mit Strom. Lemme, der sich auch auf nationaler Ebene für die E-Zukunft im Rallycross engagiert, betont: "Die Zeiten haben sich grundlegend verändert." Ab 2022 wird die Rallycross-Weltmeisterschaft ausschließlich mit E-Antrieb stattfinden. Das hat die oberste Motorsportinstanz der Welt, die FIA, festgelegt. "Und auch auf nationaler Ebene werden wir in naher Zukunft E-Autos sehen", sagte der ACN-Chef.
Im vergangenen Corona-Jahr, bei dem kein einziges Rennen auf der Strecke vor den Toren Buxtehudes stattfand, habe sich viel hinter den Kulissen getan, so Lemme. Sein ACN ist vergleichsweise gut durch die Zeit der Pandemie gekommen. Durch zwei Testwochenenden und einige Vermietungen sind die Einnahmen nicht auf null gesunken. "Außerdem halten uns unsere Sponsoren die Treue", sagt der Vereinsboss.
Die Macher im ACN hoffen nun, dass es Ende Juni ein Rennen zur Deutschen und Belgischen Meisterschaft auf dem Estering geben wird. Offen sei, ob Zuschauer kommen können - und wenn ja, wie viele. "Hoffentlich klappt das", sagt Jan André Lemme. Denn der neue Vorstand, der erst seit einem Jahr im Amt ist, hatte sich seinen Start anders vorgestellt.
Auch wenn Renntermine in diesem Jahr noch unsicher sind, an der Elektrifizierung in diesem schnellen Motorsport wird kein Weg vorbeiführen. "Rallycross ist dafür perfekt geeignet", sagt Lemme. Die Akkuladung reiche locker für die Runden beim Rennen. Nach den WM-Läufen ab 2022 werde wohl auch die EM mit E-Autos nachziehen, denkt der Rallycross-Experte. "Und auch auf deutschen Strecken können wir in diesem Jahr vielleicht schon solche Fahrzeuge sehen", vermutet Lemme. Sie werden dann gegen die Verbrenner antreten. Dass der Wettbewerb dadurch zu Gunsten von E-Power entschieden wird, glaubt der ACN-Vorsitzende nicht. Zwar hätten E-Fahrzeuge den schnelleren Spurt beim Start, doch die Technik lasse sich soweit einstellen, dass Chancengleichheit herrsche. Die E-Supercars, die um den WM-Titel fahren, haben sogar noch ein paar PS mehr als die bisherigen Boliden. Kein Fan muss also befürchten, dass E-Rallycross im Schneckentempo gefahren wird. "Nur der typische Sound, wie wir ihn gewöhnt sind, fällt weg", sagt Jan André Lemme.
Der Vorsitzende des ACN sieht diese neue Form von Rallycross als Weg in die Zukunft. Und der bietet Chancen. "Damit können wir vielleicht neue Fangruppen erschließen." Wer vielleicht mit einem Besuch an der Rennstrecke geliebäugelt hat, aus ökologischen Gewissensgründen davon aber Abstand nahm, kann demnächst zum abgaslosen Motorsport kommen.
Der ACN wird dafür noch ein paar Dinge erledigen müssen. Statt Sprit müssen die Autos schließlich Strom tanken. "Gespräche laufen", sagt der Vereinsboss. Kein Zweifel, dass der ACN die Infrastruktur hinbekommt. Der Verein hat schon weitaus größere Probleme, wie eine drohende Stilllegung der Strecke, beiseitegeräumt.
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