Wochenblatt hilft beim Assistenzhund
Lakritznase gibt neue Hoffnung

- Alicia Geißendörfer mit ihren beiden Hündinnen Emma und Malou (re.)
- Foto: Geißendörfer
- hochgeladen von Sven Rathert
Im vergangenen Jahr veröffentlichte das WOCHENBLATT einen Artikel über Alicia Geißendörfer. Die ausgebildete Rettungssanitäterin leidet an einer traumabedingten Form von Epilepsie und benötigte dringend einen Assistenzhund. Aufgrund der immens hohen Kosten für die Hunde (ca. 35.000 Euro), die rund zwei Jahre ausgebildet werden, enthielt der Artikel einen Spendenaufruf zur Unterstützung der 25-jährigen Bendestorferin – und die Leserinnen und Leser des WOCHENBLATT spendeten, was das Zeug hielt. Mit der Veröffentlichung wendete sich das Blatt für die junge Mutter. "Der Artikel hat so viel verändert bei mir. Ich wurde viel angesprochen, klar, plötzlich kannte mich gefühlt das ganze Dorf und darüber hinaus, ich habe einfach so viel Unterstützung angeboten bekommen", sagt Geißendörfer. Wenngleich die große Aufmerksamkeit schnell zu vielen Spenden führte, musste noch ein passender Hund für die dankbare Frau gefunden werden.
Nun die freudige Nachricht: "Mein Wunder 2024 ist nun wirklich bei mir eingezogen. Meine Königspudel-Hündin Malou hat ihre Ausbildung zum medizinischen Assistenzhund so gut wie abgeschlossen und jetzt dürfen wir als Team zusammenwachsen, damit sie mir mehr Sicherheit gibt und ich so meine Lebensqualität zurückgewinne", berichtet Alicia Geißendörfer der Redaktion.
Seit rund drei Wochen wohnt Malou jetzt bei Familie Geißendörfer. "Sie hat sich schon gut eingelebt", sagt die frische Halterin. Auch ihre Hündin Emma hat sich mittlerweile an den quirligen Neuzugang gewöhnt. "Es wird langsam", sagt die Bendestorferin lachend und ergänzt: "Am Anfang war sie schon sehr eifersüchtig. Emma muss sich ja auch erst einmal daran gewöhnen, dass Malou überallhin mitkommt, auch wenn sie mal zu Hause bleiben muss. Und auch ich muss mich ein wenig an meinen neuen Schatten gewöhnen. Malou folgt mir wirklich auf Schritt und Tritt."
Herausforderungen im Alltag
Denn Geißendörfers Krampfanfälle kommen aus heiterem Himmel und richten sich nicht danach, ob es ihr gerade "passt", sie einkaufen ist oder nur mal eben die Post reinholen möchte. Malou macht ihre Arbeit also schon sehr gut. In der Nacht vor dem Treffen mit dem WOCHENBLATT bellte die Hündin die junge Frau aus dem Schlaf. Geißendörfer erklärt: "Ich hatte einen Albtraum, das muss Malou gemerkt haben und daher hat sie mich geweckt."
Trotz der Ausbildung der zweijährigen Hundedame muss Alicia Geißendörfer noch weiter mit der Hündin arbeiten. Warnhunde müssen sich eine Zeit lang auf ihre Menschen einstellen, um auch die kleinsten Veränderungen wahrnehmen und dann frühzeitig auftretende Anfälle anzeigen zu können. In der Regel dauert es rund vier bis sechs Wochen, bis der Hund sich an seine neue Aufgabe gewöhnt hat.
Ungeachtet ihrer verantwortungsvollen Arbeit hat Malou die gewöhnlichen Bedürfnisse einer jungen Hündin – inklusive Flausen im Kopf. "Sie macht das toll und ist eigentlich ganz ruhig, aber wenn ich ihr das Freizeitkommando gebe, sieht man, wie verspielt sie ist und welche Power in ihr steckt. Dann rast sie wie verrückt durch den Garten."
So viel Hoffnung und positive Gefühle das vergangene Jahr Alicia gebracht hat, so muss sie auch negative Erfahrungen machen. "Manchmal betreten wir ein Geschäft und werden in forschem Ton angesprochen, wir sollen mit dem Hund direkt wieder herausgehen. Hunde hätten hier nichts zu suchen. Obwohl Malou deutlich mit einer Kenndecke ausgestattet ist, auf der groß 'Medizinischer Assistenzhund' steht." Geißendörfer vermutet, dass das Problem darin liegt, dass Assistenzhunde vielen Menschen noch unbekannt sind und es schlicht an Wissen mangelt.
Assistenzhunde haben gesetzliche Rechte
In Deutschland gilt nach § 12e BGG (Behindertengleichstellungsgesetz), dass Assistenzhunde an allen Orten gestattet sind, die man mit Straßenschuhen betreten darf – also auch in Supermärkten, Arztpraxen oder Restaurants. Dennoch verweigerte kürzlich eine Zahnarztpraxis der chronisch kranken Frau den Zutritt mit Malou. Der Grund wurde mit der Angst vor Hunden einer Mitarbeiterin begründet. "Eventuell hätte man eine andere Lösung finden können, anstatt einfach 'Nein' zu sagen", so Geißendörfer.
Manche Menschen benötigen die tierischen Begleiter, um ihren Alltag bewältigen zu können. Diese gut ausgebildeten Hunde verhalten sich still und fallen kaum auf. Alicia Geißendörfer glaubt, dass Assistenzhunde auf dem Land noch seltener vorkommen und dadurch die fehlende Empathie herrührt. Vielleicht können Alicia und Malou als Vorreiter in der Region agieren und die Menschen sensibilisieren.
Hinweis: Assistenzhunde dürfen während ihrer Arbeit nicht angefasst oder absichtlich abgelenkt werden. Viele tragen ein Geschirr mit einer Tasche, in der sich ein Notfallset befindet. Darin enthalten können Medikamente oder auch Anweisungen sein, wie dem Menschen zu helfen ist. Im Ernstfall sollte umgehend der Notruf gewählt werden.
Redakteur:Sven Rathert aus Seevetal |
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