Wolf schlägt auf Stader Stadtgebiet zu
Zwei tote Rinder nach Wolfsattacke in Wiepenkathen

Das tote Jungrind wurde am heutigen Dienstag auf einer Wiese bei Wiepenkathen (Stadt Stade) aufgefunden. Es ist von einem Wolfsriss auszugehen. Die hinteren Keulen wurden gefressen | Foto: jd
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Schon wieder ein Wolfsriss im Landkreis Stade. In der Nacht zum heutigen Dienstag (19. September) hat ein Wolf auf dem Gebiet der Hansestadt Stade zugeschlagen. Auf einer Weide bei Wiepenkathen wurden zwei Jungrinder gerissen. Die Wiese liegt rund ein Kilometer entfernt vom nächstgelegenen Wohngebiet in Wiepenkathen, bis zur Wohnbebauung in Hahle und Haddorf sind es rund drei Kilometer. Ein Tier war schon verendet, als es am heutigen Dienstagmorgen aufgefunden wurde. Das andere Rind war so schwer verletzt, dass es vom Tierarzt eingeschläfert werden musste. Drei weitere Tiere sollen leichte Verletzungen aufweisen. Der Landwirt hat die übrigen Kühe kurz darauf in den Stall geholt. Sie sollen in diesem Jahr nicht mehr zurück auf die Weide kommen.

Das zweite Tier war an der rechten Flanke so schwer verletzt, dass es eingeschläfert werden musste | Foto: jd
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Spaziergänger entdeckte das tote Rind

Das tote Jungrind war am Dienstag gegen kurz vor sieben Uhr morgens von einem Spaziergänger entdeckt worden, der mit seinem Hund auf dem Feldweg westlich von Wiepenkathen Gassi ging. "Ich habe dann den Jagdpächter benachrichtigt", berichtet Hundehalter Peter Bösch dem WOCHENBLATT. Der Wiepenkathener war früher selbst Landwirt und heilfroh, dass er sich mit dem Thema Wolf nicht mehr herumplagen muss: "Das wird noch ein großes Problem, wenn die Politik weiter nichts unternimmt."

Der Halter der kleinen Rinderherde, Jan Heins, erhielt die Hiobsbotschaft dann rund eine Stunde später vom Jagdpächter, dem Wiepenkathener Bürgermeister Horst Deede. Außer dem toten Rind fand er auf der Weide nahe der B74 noch ein schwer verletztes Tier vor. "Die gesamte rechte vordere Flanke war aufgerissen", berichtet der Nebenerwerbs-Landwirt. Es sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als den Tierarzt zu benachrichtigen, um das Rind von seinem Leid zu erlösen.

Wolfsattacke an der Oste: 55 tote Schafe in Gräpel

Auf der Weide, die direkt neben einem von Spaziergängern und Radfahrern gern genutzten Feldweg liegt, befanden sich zum Zeitpunkt der Wolfsattacke zehn Jungrinder im Alter zwischen anderthalb und zwei Jahren. Heins zieht im Nebenerwerb Kälber auf, um sie später an einen Milchviehbetrieb abzugeben. Von April bis November kommen die Tiere auf die rund dreieinhalb Hektar große Wiese, die klassisch durch einen Elektrozaun geschützt ist. Mindestens einmal täglich schaut er auf der Wiese vorbei, ob alles in Ordnung ist.

Jan Heins schaut sich eines der toten Rinder an. Er denkt darüber nach, seine Jungrinder-aufzucht aufzugeben | Foto: jd
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Rinderhalter denkt ans Aufgeben

Seit diesem Dienstagmorgen ist nun nichts mehr in Ordnung für Heins. Natürlich habe er die Rinder sofort in den Stall geholt. Und dort werden sie voraussichtlich die kommenden Monate bleiben. Weitere Wolfsrisse könne er sich nicht leisten. "Da liegen jetzt zwei tote Tiere im Wert von jeweils 1.000 Euro auf der Weide." Er wisse jetzt noch gar nicht, ob und wann er eine Entschädigung erhalte. Heins und seine Frau denken unter dem Eindruck der Wolfsattacke darüber nach, die Jungrinder-Aufzucht aufzugeben. Eine reine Stallhaltung entspreche nicht seinem Verständnis als Landwirt. "Es widerstrebt mir, die Tiere künftig nicht mehr nach draußen zu lassen", meint Heins. Mit dieser Wolfsattacke sei sein Geschäftsmodell im Grunde erledigt.

Das Rind wurde mit einem Kehlbiss getötet | Foto: jd
  • Das Rind wurde mit einem Kehlbiss getötet
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Die toten Rinder bleiben zunächst auf der Wiese liegen. "Wir müssen warten, bis DNA-Proben entnommen wurden", berichtet Heins. Er ist fest davon überzeugt, dass ein Wolf der Übeltäter war. Heinz zeigt bei einem der beiden toten Tier auf den Hals, der eine klaffende Wunde aufweist: "Das ist der typische Kehlbiss eines Wolfes." Er vermutet, dass wohl mindestens ein zweiter Wolf im Spiel war: "Das Fleisch ist von beiden Hinterkeulen abgefressen. Das dürften rund 100 Kilogramm sein." Für Heins steht fest: "Für den künftigen Umgang mit Wölfen müssen neue Regeln, bei denen der Schutz der Nutztiere im Vordergrund steht." Niemand wolle den Wolf ausrotten, aber so könne es nicht weitergehen.

Vierte Attacke in vier Wochen: Kreisjägerschaft bezieht Stellung

Es handelt sich bereits um die vierte Wolfsattacke in der Region innerhalb von vier Wochen. Die Kreisjägerschaft des Landkreises Stade hat zu dem erneuten Angriff auf Nutztiere bereits Stellung bezogen. Die Jäger verweisen darauf, dass alle Angriffe in einem Radius von weniger als 20 Kilometern stattfanden. Solche Strecken würden für einen Wolf keine Entfernung darstellen. Bei der Jägerschaft geht man aufgrund der zeitlichen und räumlichen Nähe davon aus, dass "es sich hier um ein und denselben Wolf handelt".

Ergebnis der DNA-Analyse liegt vor: Es war ein Wolf

Die wiederholten Angriffe von Wölfen auf Weidetiere in unserer Region würden ein schnelles Handeln erfordern, um die staatlich geduldete Tierquälerei nicht noch weiter ausufern zu lassen, so der Kreisjägerschafts-Vorsitzende Peter Hatecke: "Wir fordern Umweltminister Christian Meyer auf, sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen." Die Jägerschaft erwarte, dass Umweltminister Meier zeitnah nach Stade
kommt, um mit den Betroffenen das Gespräch zu suchen. Der Minister müsse umgehend ein Bestandsmanagement für den Wolf im Bereich des Landkreises Stade einführen. "Gleichzeitig müssen betroffene Landwirte gegen Angriffe in sozialen Medien in Schutz genommen werden und auf unbürokratische Weise  Entschädigung für ihre finanziellen Verluste erhalten", so Hatecke.

Landrat: Umweltminister soll sich vor Ort ein Bild machen

Auch Landrat Kai Seefried (CDU) hält es angesichts der eskalierenden Lage in Sachen Wolf für angebracht, dass sich Umweltminister Christian Meer (Grüne) selbst ein Bild vor Ort macht. "Ich melde mich heute auf diesem Wege, um Dir meine Sorgen im Hinblick auf aktuelle Wolfsrisse in unserer Region möglichst schnell und direkt zu übermitteln", schreibt Seefried in einer E-Mail an den Minister. 

Die aktuelle Entwicklung bereite nicht nur ihm Sorgen, sondern führe auch zu einer erheblichen Verunsicherung in der Bevölkerung und vor allem bei den Weide- und Nutztierhaltern. Zwar stehe das Kreis-Naturschutzamt im Austausch mit dem Wolfsbüro, so Seefried. "Ich wäre aber wirklich sehr dankbar, wenn Du Dir hier vor Ort im Landkreis ein eigenes Bild machen würdest und für Gespräche zur Verfügung stehst. Gerne begleiten wir als Landkreis einen solchen Besuch und organisieren auch den entsprechenden Rahmen."

Auch im Nachbar-Landkreis Harburg gab es vor ein paar Tagen Wolfsrisse. In Egestorf-Döhle in der Nordheide fielen 20 Heidschnucken einer Wolfsattacke zum Opfer. Mehr dazu hier: 

20 tote, sechs verletzte Schnucken
Scheu vor Menschen geht auch verloren
Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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