BI Menschenwürde im Kreis Stade übt Kritik
Debatte um Flüchtlingsunterbringung: Scharfe Kritik an CDU-Anfrage

Viele Flüchtlinge sind in Wohncontainern untergebracht. Die BI Menschenwürde und der Flüchtlingsrat zweifeln an, ob Geflüchtete nach ihrer Anerkennung freiwillig dort wohnen bleiben | Foto: Malte Neumann
  • Viele Flüchtlinge sind in Wohncontainern untergebracht. Die BI Menschenwürde und der Flüchtlingsrat zweifeln an, ob Geflüchtete nach ihrer Anerkennung freiwillig dort wohnen bleiben
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Auf eine Anfrage von drei CDU-Landtagsabgeordneten zur Wohnsituation anerkannter Flüchtlingen reagieren der Flüchtlingsrat Niedersachsen und die Bürgerinitiative (BI) Menschenwürde im Landkreis Stade jetzt mit scharfer Kritik. Den CDU-Politikern wird vorgeworfen, Geflüchtete für die angespannte Wohnsituation verantwortlich zu machen. Es sei unhaltbar, Geflüchteten "Missbrauch" zu unterstellen, wenn sie nach einer Anerkennung als Schutzberechtigte weiterhin in Gemeinschaftsunterkünften leben müssen.

CDU-Anfrage als Auslöser der Kontroverse

Ausgangspunkt der Debatte war ein Bericht im WOCHENBLATT über die Probleme, die es in Stade mit einigen Flüchtlingen gibt. Diese wollen nicht aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen, obwohl sie sich selbst eine Wohnung suchen müssen. Die Stader Verwaltung plant daher Maßnahmen, um den Auszug zu forcieren – bis hin zu Bußgeldern für untätige Bewohner. Die Buxtehuder CDU-Landtagsabgeordnete Birgit Butter hat daraufhin eine Anfrage zur Flüchtlingsunterbringung an die niedersächsische Landesregierung gestellt. Gemeinsam mit ihren Harburger Fraktionskollegen Jan Bauer und André Bock kritisiert Butter, dass anerkannte und arbeitende Geflüchtete in Unterkünften bleiben, um Kosten zu sparen, was Kommunen finanziell belaste. 

Nach WOCHENBLATT-Artikel über Stade: CDU-Abgeordnete stellen Landtags-Anfrage zur Flüchtlingsunterbringung

Es fehlen Sozialwohnungen

Ingrid Smerdka-Arhelger von der BI Menschenwürde richtet heftige Vorwürfe gegen die drei CDU-Parlamentarier: „Was die CDU, vertreten durch die Landtagsabgeordneten Jan Bauer, André Bock und Birgit Butter, da betreibt, ist Rassismus pur. Die CDU-Abgeordneten machen Geflüchtete verantwortlich für das Versagen ihrer Partei im Bereich des sozialen Wohnungsbaus.“ Die BI verweist darauf, dass seit Jahrzehnten Sozialwohnungen abgebaut werden - aufgrund politischer Fehlentscheidungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Laut einer aktuellen Statistik würden bundesweit rund 550.000 Sozialwohnungen fehlen. "Geflüchtete zu Sündenböcken für diese Entwicklung zu machen und diesen Menschen Bußgelder anzudrohen, weil sie keine Wohnung finden und weiterhin in kommunalen Gemeinschaftsunterkünften leben müssen, ist nichts als purer Zynismus", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Flüchtlingsrat und BI Menschenwürde.

Flüchtlingsrat warnt vor Diskriminierung

Der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Niedersachsen, Kai Weber, warnt vor den Folgen der von der CDU angeschobenen Debatte: „Die öffentliche Beschimpfung der Betroffenen, wie sie die Abgeordneten Bauer, Bock und Butter vornehmen, schürt Hass und Hetze und wird die Vermittlungschancen weiter verschlechtern.“ Er betont, dass viele Geflüchtete nichts lieber täten, als in eine eigene Wohnung zu ziehen, um eine endlich eine Privatsphäre zu haben. Schließlich sei das Leben in Gemeinschaftsunterkünften in der Regel von vielfältigen Restriktionen bestimmt, so Weber. Oftmals würden Geflüchtete keine Wohnung finden, weil sie "aus rassistischen Gründen diskriminiert werden". 

Problem in Stade: Anerkannte Flüchtlinge verweigern Wohnungssuche

Teure Gemeinschaftsunterkünfte

Zudem hätten die CDU-Politiker nicht erwähnt, "dass das Bewohnen einer Gemeinschaftsunterkunft auch finanziell alles andere als attraktiv" sei, so die Kritik von BI Menschenwürde und Flüchtlingsrat. Denn anerkannte und berufstätige Geflüchtete müssen Nutzungsgebühren entrichten, wenn sie weiterhin in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen. Laut Flüchtlingsrat berechnet beispielsweise die Hansestadt Buxtehude für die Unterbringung in einem Wohncontainer eine monatliche Gebühr in Höhe von 500 Euro pro Person. In Stade sollen es 460 Euro sein.

Bessere Unterstützung gefordert

"Wenn Stade besonders viele Menschen mit Schutzanspruch in Gemeinschaftsunterbringung beherbergt, zeugt das vor allem von einer mangelnden Unterstützung der Betroffenen durch die Kommune", so das Fazit der Initiative. Gefordert wird ein "gezieltes Auszugsmanagement" sowie "sozialarbeiterische Unterstützung", um Geflüchteten den Weg in eigene Wohnungen zu erleichtern. Buxtehude habe das Problem immerhin seit Kurzem in Angriff genommen. Zudem wird angeregt, dass der Landkreis Stade eigene Wohnraumförderungsprogramme auflegt - so wie es bereits andere Kommunen getan haben.