Anonyme Alkoholiker Landkreis Stade
Alkohol zerstört das Leben einer jungen Mutter

Symbolfoto: Irgendwann brauchte Lisa schon am Morgen Alkohol, um den Tag zu überstehen | Foto: dak gesundheit
  • Symbolfoto: Irgendwann brauchte Lisa schon am Morgen Alkohol, um den Tag zu überstehen
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wd. Landkreis Stade. Für ein Leben ohne Alkohol seien die Anonymen Alkoholiker ihre Lebensversicherung, sagt Lisa (Name von der Redaktion geändert) aus dem Landkreis Stade. "Seit einigen 24 Stunden bin ich zwar trocken, aber Alkoholikerin bleibe ich mein Leben lang!" Sich immer nur vorzunehmen, die nächsten 24 Stunden auf Alkohol zu verzichten, gehört - neben der Anonymität der Mitglieder - zur Erfolgsstrategie der Anonymen Alkoholiker (AA), die sich auch im Landkreis Stade an mehreren Orten treffen. Im Rahmen der WOCHENBLATT-Serie erzählen Mitglieder wie Lisa ihre Geschichte, denn es gibt keinen typischen Verlauf der Sucht. "Niemand wird als Alkoholiker geboren und es entwickelt sich auch nicht jeder, der gerne mal ein Gläschen mit Promille trinkt automatisch dahin", weiß die 68-Jährige aus eigener Erfahrung. Sie selbst verlor die Kontrolle über ihren Alkoholkonsum, nachdem sie ihren Job aufgegeben hatte, um sich um ihre kleine Familie zu kümmern.
Davor hatte sie zwar, wie viele andere Jugendliche auch, gelegentlich Alkohol mit Freunden bei Feiern oder dem abendlichen Diskobesuch getrunken. "Dabei hielt sich die Menge aber in Grenzen", erinnert sie sich. Auch war es für sie als 18-Jährige selbstverständlich, auf Alkohol zu verzichten, wenn sie als Chauffeurin fungierte. Ihr Leben verlief wunschgemäß: Sie absolvierte eine Ausbildung zur Industriekauffrau, war mit viel Freude berufstätig, verliebte sich, heiratete, bekam eine Tochter und wurde Hausfrau. "Am Anfang war das auch alles großartig für mich", erinnert sich Lisa. "Doch dauerte es nicht lange, da begann ich meinen Job zu vermissen, die Verantwortung dafür, die kleinen Erfolgserlebnisse, den Kontakt mit den Kolleginnen und der Kundschaft. Das konnten weder meine Freundinnen noch mein Baby mir ersetzen."
Sie begann, sich nachmittags mit anderen Müttern zu treffen. Meist gab es zum gemütlichen Plausch neben Kaffee auch Sekt oder Wein. "Das puschte mich dann immer auf", so Lisa.
Dieses leichte, beschwingte Gefühl wollte sie öfter haben. Und so begann sie, an einigen Tagen auch alleine Alkohol zu trinken. Aus einigen Tagen wurde die ganze Woche, aus einer Flasche wurden zwei und mehr. Auch musste bald etwas Stärkeres her. "Wodka, Whiskey, Rum, egal, bisschen verdünnt mit Cola, Saft, oder Limo, ich hatte längst den Überblick verloren."
Ihre Familie und ihre Umwelt konnten nichts ausrichten. Mittlerweile trank Lisa heimlich und brauchte bereits am Morgen Alkohol, damit sie den Tag ohne zitternde Hände, Kreislaufprobleme und Übelkeit überstand. Auch wenn sie sich inzwischen eingestehen musste, dass sie Alkoholikerin war, sah sie keinen Ausweg: "Nie wieder etwas zu trinken, weder zu Silvester, noch zu einer Geburtstagsfeier - das konnte und wollte ich mir gar nicht vorstellen", sagt Lisa. Die Situation spitzte sich zu: Oft wusste sie nicht mehr, wie sie ins Bett gekommen war oder wachte auf dem Fußboden liegend auf. An einem Abend, an dem sie völlig verzweifelt war, schluckte sie schließlich wahllos Tabletten mit Whiskey, darunter auch Tramal und Tilidin. Doch der Überlebenswille war stärker: Lisa rief ein Taxi und ließ sich ins Krankenhaus bringen. "Damit begann der Entzug", sagt sie. "An die ersten Tage kann ich mich heute nur noch schemenhaft erinnern. Natürlich war es eine sehr harte Zeit. Übelkeit, Zittern und Kreislaufschwäche bestimmten die ersten Tage. Aber es wurde besser, mit jedem Tag ohne das Gift, wonach mein Körper so sehr verlangte." Vier Wochen später wurde sie entlassen und hatte größte Angst, dass sie zuhause nicht durchhalten würde, auf Alkohol zu verzichten. Geschafft habe sie es nur, weil sie schon am ersten Abend zu einem Treffen der Anonymen Alkoholiker ging, und von da an dann an vielen, vielen weiteren Tagen. "Ich spürte schon beim ersten Mal sehr viel Kraft und Zuversicht durch diese Gruppe", so Lisa. "Seitdem sind zwölf Jahre und damit etliche weitere 24 Stunden vergangen, doch ich gehe immer noch mindestens einmal die Woche, bis auf wenige Ausnahmen, in ein Meeting. Denn ich muss auf mich aufpassen."

Anonyme Alkoholiker
"Schön, dass du da bist" - bei den Anonymen Alkoholikern sind alle Hilfesuchenden, die mit dem Trinken aufhören möchten, herzlich willkommen. Allein in Hamburg und Umgebung treffen sich rund 120 Gruppen, davon im Landkreis Stade etwa 15 in Stade, Buxtehude, Jork-Borstel (plattdeutsch), Steinkirchen, Harsefeld und Neu Wulmstorf.
Infos gibt es unter Tel. 0162-2633044 und www.anonyme-alkoholiker.de.

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Redakteur:

Nicola Dultz aus Buxtehude

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